Als höchst ungewöhnliches Mäuse-Lockmittel hat man im Turm einen Bischof eingesperrt. Das ging soweit ganz gut, als tatsächlich massenhaft Mäuse angelockt wurden. Diese haben den Bischof komplett aufgefressen. Ob das anschließend erzeugte Mäuseöl allerdings brauchbar war, ist fraglich, da es bei dem einmaligen Experiment blieb. Den wahren Zweck des Bauwerks hat man später versucht mittels einer zweitklassigen Schauergeschichte zu tarnen.
Nach einer Restaurierung des Turmes im 19. Jh. und damit einhergehender Umgestaltung in romantisch-gotisierenden Formen sind von den mittelalterlichen Produktionsanlagen heute leider keine Reste mehr erhalten. Daher läßt sich auch bislang nicht sagen, inwieweit man sich etwa bei der zur Ölherstellung ja zweifellos notwendigen Scheideanlage an antiken Vorbildern orientiert oder mit neuentwickelten Verfahren gearbeitet hat.
Mit der Herstellung von Mäuseöl hat offenbar auch Emil von Behring (erster Nobelpreis für Medizin 1901) zu Beginn des 20. Jhs. in Marburg experimentiert. Auch hier wurde in der für diesen Bautyp charakteristischen abgeschiedenen Lage ein Mausoleum errichtet (Abbildung). Zweifellos gedachte Behring, das Mäuseöl für medizinische Zwecke zu nutzen. Details sind hierzu aber leider bislang nicht bekannt, da Behring im Jahr 1917 verstarb, bevor er seine Experimente zum Abschluß bringen konnte. Seither gab es bei den Behringwerken keine Versuche mehr in dieser Richtung.
Ob die Arbeit mit Affen, die 1967 bei Behring zu einer ersten Ausbreitung des berüchtigten Marburg-Virus führten, möglicherweise mit entsprechenden Experimenten für eine Öl-Herstellung im Zusammenhang standen, ist bis heute ungeklärt.
Diese bislang vergessenen Kapitel in der Geschichte der Mäuseöl-Herstellung gehören m. E. dringend im Detail aufgearbeitet.